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Bericht des Vorsitzenden 2013/14

09. 04. 2014

 

Bericht des Vorsitzenden für die Jahre 2013/14 von der Mitgliederversammlung am 04. April 2014

 

 

Perspektiven für die Zukunft: Schule und Bildung, Arbeit und Einkommen

 

 

Unsere letzte Mitgliederversammlung war am 06. April 2013. Für den seitdem vergangenen Zeitraum von einem Jahr gibt es viele positive Mitteilungen zu machen, bei denen die abgeschlossenen und begonnen Projekte ebenso zu nennen sind wie die Ereignisse um das 30jährige Bestehen des Komitees im November 2013.

 

Wir konnten die Kontakte mit unseren Partnern in den Sektoren Murambi und Murundi sowie zum Koordinationsbüro Kigali wiederum verstärken. Der Informationsaustausch per Email funktioniert, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kigali sind uns bei der Planung und Umsetzung der Projekte eine große Hilfe. Auskünfte, Bilder und Abrechnungen kommen recht schnell bei uns an und ermöglichen uns die Information unserer Mitglieder, Spender und der Öffentlichkeit. Ihnen gilt unser Dank, und es ist sehr schade, dass alle drei deutschen Mitarbeiter des Büros in diesem Frühjahr ihre Zeit dort beenden und durch den Personalwechsel die Arbeit in diesem Sommer etwas in Stocken geraten wird.

 

Das Jahr 2013 stand wiederum im Zeichen der Schulen. Waren 2012 die Primarschulen Gitanga und Murambi, die Partnerschulen der Grundschule Planig und der Kleistschule Bad Kreuznach, gebaut worden, so ist 2013 der Bau des Berufsbildungszentrums Muhororo (Centre de Formation Professionnelle, CFP), heute in Englisch: Vocational Training Center, VTC) abgeschlossen worden.

Das ehemalige Gemeindezentrum von Bwakira, das nach 1994 zeitweise als Gefängnis gedient hatte und dann viele Jahre leer stand, wurde mit unserer finanziellen Hilfe umgebaut und zum Standort einer Berufsschule, wo die Absolventen der neunjährigen Primarschule, die die Aufnahme in die Sekundarschule aus finanziellen oder Leistungsgründen nicht schaffen, eine berufliche Grundbildung erhalten. Die Räume wurden z.T. durch Umbauten gewonnen, und Mädchen und Jungen werden zu Schneidern, Schreinern und Maurern ausgebildet.

Die Bauarbeiten sind erledigt, und nach der Anerkennung der geplanten Ausbildungsmodule durch die ruandischen Behörden ist die Ausstattung der Werkstätten der nächste Schritt. So hat es auch unsere Mitgliederversammlung im April 2013 beschlossen. Die Kosten betragen etwa 20.000.- Euro, und wir warten auf die Umsetzung. Etwas problematisch für die Ruander ist der Standort, an dem während des Genozids 1994 viele Menschen umgebracht wurden. Wir sind im Kontakt mit den lokalen Behörden und hoffen, dass die Schule und das Gedenken an den Genozid sich an einem Ort vereinbaren lassen. Die rheinland-pfälzischen Partner sind an 15 Standorten in Ruanda dabei, Berufsschulen zu bauen und auszustatten. Unser deutsches Ausbildungssystem ist ja auch ein „Exportschlager“, und im Verbund mit der Handwerkskammer Koblenz wird in Ruanda der berufsbildende Bereich ausgebaut. Wir freuen uns sehr, dass die BBS TGHS (Technik-Gewerbe-Hauswirtschaft-Sozialwesen) in Bad Kreuznach eine Schulpartnerschaft mit dem VTC  Muhororo aufbauen will und ihre Kenntnisse einbringen kann.

 

Vor einem Jahr haben wir die Frage diskutiert, ob Schulbauten denn noch notwendig seien und ob man nicht besser in die Köpfe statt in Bauten investieren solle: „from the bricks to the brains“. Das scheint mir keine Frage von entweder/oder. Die letzten Jahre wurde klar, dass die großen Veränderungen im ruandischen Schulsystem und  neue Baurichtlinien für den Schulneubau auch für uns neue finanzielle Herausforderungen ergeben.  Die Verlängerung der Primarschulzeit auf neun Jahre und die zwölfjährige Schulpflicht bedeuten, dass praktisch an jedem Schulstandort gebaut werden müsste, zumal die Schülerzahlen weiter steigen. Zudem werden einige Primarschulen wie Muhororo, unser erster Schulneubau aus dem Jahre 1989,  zu Schulzentren mit zwölfjähriger Schulzeit als Sekundarschulen ausgebaut. So lange es Schulen mit einer derart schlechten Bausubstanz und fehlenden Klassenräumen wie die Primarschule Nyamugali gibt, das als Schulneubauprojekt im Berichtsjahr 2013/14 realisiert wurde, sind auch weitere Schulbauten sinnvoll. Nyamugali ist fertig, die Bauabnahme erfolgt in diesen Tagen. Sechs Klassenräume, ein Büro, eine Toilettenanlage und zwei Regenwasserzisternen mit je 10  Kubikmeter sind für gut 80.000.- Euro gebaut worden.

 

Für die Schulen auf dem Land und die dort arbeitenden Lehrkräfte ist es schwierig, guten Unterricht zu machen. Die Klassen sind groß, und das Unterrichtsmaterial ist (von Schulbüchern im Klassensatz abgesehen) eher spärlich. Hier haben in den  letzten Jahren die Aktionen der rheinland-pfälzischen Partnerschulen für die Hälfte der Schulen in den Sektoren Murambi und Murundi spürbare Verbesserungen gebracht. Das hat dauerhafte Wirkung, und wir unterstützen die Schulpartnerschaften gerne.

 

Im Gespräch mit den ruandischen Schulleitungen im Herbst 2012 wurde der Wunsch geäußert, alle Schulen auf einen vergleichbaren Stand der Ausstattung mit didaktischem Material zu bringen. Auf der letzten Mitgliederversammlung hatten wir beschlossen, dem nachzukommen. Das Koordinationsbüro hat eine Bestandsaufnahme erstellt, und für die 20 Schulen wurden, wo noch nicht vorhanden, Wandtafeln (wall charts) und Experimentierkästen (kits) für die Primarschulen sowie Labormaterialien für die Sekundar-schulen gekauft. Der naturwissenschaftliche Unterricht kann davon besonders profitieren, zumal das Material nicht nur verteilt wurde, sondern in ein kleines Programm der Lehrerfortbildung eingebunden wurde. Die Verteilung ist weitgehend abgeschlossen, die Fortbildung läuft. Etwa 10.000.- Euro wurden dafür aufgebracht.

 

Zu ergänzen ist, dass der Bau von Regenwasserzisternen an der Primarschule Mujyojyo und dem Schulzentrum Muhororo, beides durch zwei große Spenden von Verbandsbürgermeisterin Anke Denker aus Stromberg sowie den Stadtwerken Bad Kreuznach ermöglicht und zu den geplanten Kosten von jeweils etwa 4.000.- € abgeschlossen wurde. Auch  hier möchte ich den Spendern noch einmal herzlich danken.

 

Die schon länger laufenden Projekte sollen nicht vergessen werden:

- In der Sekundarschule E.S. Kirinda, der Partnerschule des EFG Bad Sobernheim, wurden die Projekte Schulgarten und „Papeterie“ weitergeführt. Beim ersten werden moderne Anbaumethoden auf neuen landwirtschaftlichen Flächen vermittelt und von Schülerinnen und Schülern selbst erprobt. Es ist auf Kleinviehzucht ausgeweitet worden, und die Schule kann einiges an Eiern und Fleisch für ihren Bedarf im Internatsbetrieb erzeugen. Seit Sommer 2008 ist dort die „Papeterie“, ein Schreibwaren- und Kopierladen, als Schülerfirma aktiv. In den jährlich vorgelegten Jahresbilanzen wird deutlich, dass der Umsatz zwar nicht sehr groß ist, aber Gewinn gemacht wird. Es ist ein gutes Übungsfeld für die Schülerinnen und Schüler, einen Laden selbständig und verantwortlich zu führen. Haupteinnahmequelle ist dabei der Kopierer.

 

Die vorbildliche Schulpartnerschaft von EFG Bad Sobernheim und E.S. Kirinda hat durch Jonas Götte, einen Abiturient des EFG, eine besondere Verstärkung erfahren. Jonas war im zweiten Schultrimester (April bis Juli 2013) in die Partnerschule um dort als Lehrer zu arbeiten. Er hat den Grundstein für den neuen Sportplatz gelegt, der neben der Schule überwiegend mit Mitteln aus den Aktionen des EFG gebaut wurde. Hier wurden gut 22.000.- Euro investiert, davon ein Drittel vom EFG.

 

- Die Ziegenkooperative AMIZERO mit mittlerweile 2000 Ziegen. Frau Eminger kann in ihrem Berichtsteil darauf noch genauer eingehen, auch auf die von ihr initiierte Kooperative ABADATEBA, ein Projekt mit Schweinezucht für Frauen.

 

Zum derzeit einzigen laufenden Schulprojekt: Nach einem langwierigen und aufwändigen Genehmigungs-verfahren, wobei ich Frau und Herrn Eminger für die unermüdliche Auseinandersetzung mit der deutschen Bürokratie sehr herzlich danke,  hat der Bau von Bibliothek und Sportplatz der Sekundarschule Munzanga im Herbst 2013 begonnen.  Hier konnten wir das BMZ als Co-Finanzier gewinnen, um die Gesamtkosten von über 120.000.- Euro stemmen zu können. Der Aufwand rechnet sich, weil der Bund aus einem Spenden-Euro vier macht-  also erbringen wir 30.000. –Euro als Anteil des Komitees.

 

Die staatliche Sekundarschule ist im Kern eine Tagesschule, hat aber auch einen kleinen Internatsbereich. Von uns und der Partnerschule, der Realschule plus „Auf Halmen“ in Kirn, wurden in den letzten Jahren immer wieder Investitionen in Gebäude und Ausstattung getätigt. Jetzt werden drei Klassenräume, eine Bibliothek (ein Raum und komplette Ausstattung), eine Toilettenanlage und ein Sportplatz gebaut.  Besonders die Bibliothek und der Sportplatz, beides öffentlich zugänglich, machen die E.S. Munzanga, direkt neben dem gut ausgebauten Gesundheitszentrum, zu einem Kristallisationspunkt der Entwicklung im Sektor Murundi.

 

Zu guter Letzt möchte ich einen kurzen Rückblick auf die Feierlichkeiten zum 30jährigen Bestehen unseres Komitees geben. Wir waren sehr froh, dass der Präsident des Partnerschaftskomitees der Sektoren Murambi und Murundi, Mézack Gasinzira Ruhumbya, und sein Stellvertreter Gélin Subika zwei Wochen bei uns zu Besuch sein konnten. Die Teilnahme an Veranstaltungen, Besuche von Schulen und Einrichtungen, Gespräche und natürlich auch ein eher touristisches Programm, um einen Eindruck vom Leben bei uns zu erhalten, war für beide sicher sehr gewinnbringend. Beide arbeiten ja auch ehrenamtlich für die Partnerschaft, und der Besuch war auch ein „Dankeschön“ dafür.

 

Im November 2013 konnte das Ruanda-Komitee e.V. Bad Kreuznach sein 30jähriges Bestehen feiern. Dies geschah durch zwei Veranstaltungen:

Die Ausstellung „Blickpunkte“- Ruanda heute war vom 20.11. bis 06.12.2013 im Foyer der Kreisverwaltung Bad Kreuznach zu sehen. Sie wurde ergänzt durch Informationstafeln des Ruanda-Komitees und war während der Öffnungszeiten der Kreisverwaltung frei zugänglich. Für Schulklassen wurden Führungen angeboten (aber nur einmal genutzt).

Die Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag, den 21.11.2013 nahm der Erste Kreisbeigeordnete Hans-Dirk Nies vor. Die Einführung in die Ausstellung hatte Michael Nieden, der Geschäftsführer des Partnerschaftsvereins Rheinland-Pfalz /Ruanda und „Vater“ der Ausstellung, sehr kenntnisreich übernommen.

 

Am Mittwoch, den 27.11.2013 um 17.00 Uhr fand dann im Großen Sitzungssaal der Kreisverwaltung Bad Kreuznach die Festveranstaltung „30 Jahre Ruanda-Komitee e.V. Bad Kreuznach“ statt. Landrat Franz-Josef Diel als Hausherr eröffnete die gut besuchte Feierstunde. Die Botschafterin der Republik Ruanda, S.E. Christine Nkulikiyinka,  war leider kurzfristig verhindert,  schickte aber ein Grußwort, das von der stellvertretenden Vorsitzenden des Ruanda-Komitees, Beate Wegmann, verlesen wurde. Der Präsident des Partnerschaftsvereins Rheinland-Pfalz/Ruanda, Dr. Richard Auernheimer, und der Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Gerhard Fuckner,  gratulierten und lobten die landjährige und effektive Tätigkeit des Komitees. Der Vorsitzende des Kreuznacher Komitees stellte die Partnerschaft in einer Präsentation vor, und Mézack Gasinzira Ruhumbya gab einen Überblick aus seiner Perspektive. Den musikalischen Rahmen gestalten Schülerinnen und Schüler des Emanuel-Felke-Gymnasiums Bad Sobernheim unter der Leitung von Stefanie Ludes.

 

All das fand eine gute Resonanz bei den Besuchern und in der Presse. Zudem haben wir seit November 2013 eine völlig neu gestaltete Homepage, die wir aktuell halten wollen. Sie finden die einzelnen Punkte dieses Berichtes dort auch ausführlicher dargestellt: www.ruanda-komitee.de

Den Mitgliedern des Komitees wurde zum Jahresende eine CD30 Jahre Ruanda-Komitee e.V. Bad Kreuznach 1983 – 2013. Eine Dokumentation in Texten und Bildern“ zur Verfügung gestellt. Zum zehn- und zwanzigjährigen Jubiläum hatten wir noch Druckwerke vorgelegt, jetzt ist die CD ein gutes Zeitdokument zu unserer Arbeit und der Entwicklung in Ruanda.

 

Wenn ich die Überschrift meines Berichtes noch einmal betrachte, so ist bei Schule und Bildung schon vieles vorangekommen, auch mit unserer Hilfe. Aber was nutzt die beste Ausbildung, wenn es nachher keine Jobs für die jungen Leute gibt? Kooperativen sind ein gangbarer Weg, neue Projekte zu initiieren, aber sie sind aufwändig in Gang zu bringen. Wie kann man auf dem Land Einkommen schaffen? Was gibt es im landwirtschaftlichen Bereich an Möglichkeiten der Verbesserung, wo wir etwas beitragen können? Was ist im Bildungs- und Ausbildungsbereich weiter zu tun? Diese Fragen werden uns weiter beschäftigen, nicht nur im Jahr 2014.

 

Insgesamt können wir für das abgelaufene Berichtsjahr wiederum eine positive Bilanz ziehen. Mein ganz herzlicher Dank gilt allen Mitgliedern und Förderern des Ruanda-Komitees, die materiell und ideell unsere Arbeit unterstützen. Wir werden weiterhin unsere Arbeit mit den Partnern in Ruanda, insbesondere mit dem Partnerschaftskomitee der Sektoren Murambi und Murundi mit seinem unermüdlichen Vorsitzenden Mézack Gasinzira Ruhumbya, mit  den Verantwortlichen für die Partnerschaft in Kigali und Mainz sowie mit der Stiftung Ausbildungshilfe Ruanda mit ihrer Vorsitzenden Elisabeth Eminger intensiv abstimmen.

 

Es wäre schön, wenn sich möglichst viele Personen und Institutionen an der Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Ruanda beteiligen würden. Schulpartnerschaften, Sponsoring, zweckgebundene Spenden, Kontakte, Austausch, Arbeitseinsatz, aber auch das positive Eintreten und Werben für die Partnerschaft sind ganz unterschiedliche Möglichkeiten, die den Menschen in Ruanda größere Chancen geben können, ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Daran wollen wir weiter arbeiten.

 

Karl Heil, 03. April 2014